Der Samstag: Heiss, heisser, Deichbrand

Zur Bildergalerie

Nordholz-Wanhöden, 21.07.2018 – Am eigentlichen Festivalhaupttag wurde es nochmals wärmer und ging es schon Mittags auf den großen Bühnen und im Electiric Island los, es befand sich aber eine noch überschaubare Menge auf dem Festivalgelände. Noch eine ganze Weile bleibt es auf dem Platz recht leer, bis die Musikfans vom Campingplatz aus herüber schlendern.

Le Fly durften auf der Water Stage den Tag eröffnen, viel zu oft war die neunköpfige Hamburger Band als Geheimtipp auf kleinen Deichbrandbühnen eingesperrt. Hier konnte sich der musikalische Mop endlich richtig befreien und versprühten gute Laune. Das neue Album „Augen auf“ von Rogers durften wir im letzten Jahr rezensieren und haben die Höchstnote 10 von möglichen 10 Punkten abgestaubt. Daher waren sie die richtige Band für die Eröffnung der „Fire Stage“. Außerdem spielten sie noch im Merch-Stand.

Die britische Folk-Band Skinny Lister folgte. Wir durften sie schon als Vorband von Frank Turner erleben. Sie spielten ihren ruppigen, irisch angehauchten Folkrock, bauten aber auch amerikanische Country-Einflüsse ein. Die von Grund auf positive Partystimmung mit Pub-Mitgröhl-Charakter wurde von Skinny Lister beeindruckend vorgetragen. Und ihre rot geschminkten Lippen schmollen konnte Sängerin Lorna Thomas schon immer gut, passend dazu gab es ein Blümchenkleid und roten Schuhe.

Die fünf Berliner Jungs von Von Wegen Lisbeth boten Indie-Rock mit feinsinnigen Texten in einer „botanischen„ Bühnendeko, Zimmerpflanzen, Palmen, Efeu, Flamingos und sogar ein kleines Pokemon tummelten sich auf der Bühne. Im Hintergrund prangten Leuchtbuchstaben: VWL. Vom Moshpit bis zur Festival üblichen “Rudersession” war alles dabei. Der danach auftretende deutsche Rapper Maximilian Diehn alias Kontra K vermarktet sich gerne als Junge von der Straße mit Hang zum Kampfsport und vermischt gesellschaftskritische Töne mit eigenen Erfahrungen. Natürlich gab es wieder reichlich typische sexistische, misogyne und chauvinistische Textzeilen, Feuer- und Luftschlangenshow inklusive. Das junge Publikum war begeistert, da macht es auch nichts, dass vor ein paar Tagen 8 Polizisten auf ihm lagen, weil ein einfaches Verkehrsdelikt eskalierte.

Die New-Wave-Stars von Editors waren aus England zum Festival angereist. Sie brachten experimentierfreudigen Mix aus Post-Punk, Synth-Balladen und leicht dramatischen Stadionrock der letzten 13 Jahre sowie von ihrer nagelneuen Scheibe „Violence“. Zur Zeit dürfen Kettcar aus Hamburg nicht fehlen. Sänger und Gitarrist Marcus Wiebusch hatte sich mit dem neuen 5. Studioalbums "Ich vs. Wir" lange Zeit gelassen. Aufgrund unseren guten Kontakten zum Label Grand Hotel van Cleef, bei dem Wiebusch neben Thees Uhlmann Labelgründer ist, hatten wir die Band durch Rezensionen und einigen Liveauftritten ins Herz geschlossen und mussten auch bei diesem Auftritt unbedingt wieder im Graben stehen. Leider sahen das viele Festivalbesucher nicht so. Gesellschaftskritische Texte wie „Sommer 1989“ begeistern wohl nicht so wie sexistische Textzeilen.

Die schwedische Rockband Mando Diao war bereits zum dritten Mal beim Deichbrand Festival.

 

Die aus Stuttgart stammende Hip-Hop-Band Freudeskreis um Max Herre tritt seit Juni 2017 wieder auf und so hat sie Deichbrand gleich gebucht. Max Herre, Don Phillippe und DJ Friction bekommt man in der Kombination nicht mehr so häufig auf einer Bühne zu sehen. Als die Band dann auch noch Mo Trip und Afrob auf die Bühne holen, schlugt das Hip-Hop Herz noch höher. Zusammen spielen sie ihren Song “Rap ist”. Aber auch Songs wie “Esperanto”, „Tabula Rasa“, “Mit Dir” oder “ANNA” waren dabei.

Der Headliner an diesem Tag waren The Killers aus dem amerikanischen Las Vegas und so spielten sie vor vollem Infield. Zwar spielte nur die halbe Band, Gitarrist Dave Keuning und Bassist Mark Stoermer haben sich aus verschiedenen Gründen dazu entschieden, ihre Band auf der bevorstehenden Tour nicht zu begleiten. Stoermer hat zwar noch Bock auf Studioaufnahmen, nicht aber auf Konzerte. Und Keuning möchte lieber mehr Zeit mit seiner Familie als mit seiner Band verbringen. Mitglieder von The Killers sind sie zwar immer noch, für die Live-Termine werden beide aber durch andere Musiker ersetzt.

Die Band landete mit 42 Mann Gefolge auf dem Sea-Airport nebenan. Sie haben dieses Wochenende 3 Auftritte in Spanien, Frankreich und beim Deichbrand, die sie sonst nicht schaffen könnten. Ihre beiden Klassiker "Human" und "Mr. Brightside" durften an diesem Abend natürlich nicht fehlen. 20 Millionen Alben hat die Band verkauft, sie sind Headliner der größten Festivals der Welt gewesen und sind u.a. im Weißen Haus aufgetreten.

Den Tagesabschluss auf den großen Bühnen machte die österreichische Band Bilderbuch, die zum zweiten Mal an die Nordsee angereist war. So richtig genremäßig kann man die Band nicht einordnen, ihre Musik zeigt Einflüsse aus verschiedenen Genres, u. a. Indie-Rock, Art-Punk und Hip-Hop. Äußerlich hatte man das Gefühl eine ganz neue Band vor sich zu haben und die Show war immer noch genauso herrlich exzentrisch wie früher, die Songs boten englische, spanische, wienerische und italienische Elemente.

Im Palastzelt begann die Poetry Vorrunde II bevor Bands wie Monsters of Liedermaching schon mal ihr 15-jähriges Bandjubiläum vorfeierten und das Berliner Rock-Duo Ben Hartmann und Johannes Aue von Millarden, Razz aus dem Emsland oder Joris mit seinen Musikern auftraten.