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Rogers – Augen auf

Am 08.09.2017 erschien bei People Like You Records das neue Album der aus Düsseldorf stammenden Band Rogers, betitelt ‚Augen auf‘ als Doppel CD.  Bestehend aus dem Sänger und Gitarristen Chri Hoffmeier, dem Gitarristen Nico Feelisch, dem Bassisten Artur Freund und dem Schlagzeuger Dominic Sbarcea. Ursprünglich im Jahr 2006 unter dem Namen ‚Notaufnahme‘ gegründet, damals noch mit Schlagzeuger Simon Stratmann, änderte die Band 2010 ihren Namen in ‚Jolly Roger‘, was der englische Name der berühmt berüchtigten Totenkopfflagge ist, welche Piratenschiffe kennzeichnete. Später verkürzte die Band ihren Namen auf ‚Rogers‘, hauptsächlich deshalb, weil sie ohnedies meist so gerufen wurden.

Ihre erste EP ‚Wohin es uns führt‘ veröffentlichten sie noch in Eigenproduktion. Nach einem Headliner-Konzert im Autonomen Zentrum Köln am 28. Juli 2012, in dem später der Großteil der Dreharbeiten des Musikvideos zu ‚Allein‘ stattfanden, in welchem Sebastian Beyer, Sänger von ‚Massendefekt‘, einen Gastauftritt bekam, erhielten sie ein Vertragsangebot des Labels ‚People Like You Records‘.

Die Band selbst differenziert ihren Stil ausdrücklich von traditionellem Punk, bezeichnet sich nichtsdestoweniger als Punkrock-Band, die ihren eigenen, zeitgemäßen Stil aus den jeweiligen Einflüssen entwickelt. Die Musik der Band zeichnet sich vor allem durch ihre Melodik aus, während die Texte größtenteils aus dem Leben stammend und sozialkritisch gewählt werden. Die Musik wird von markanten Melodien und eher modernen Klängen begleitet, hart, mit viel Energie, aber dennoch teils massenfähig. In ihren Texten, aber auch in Interviews spricht sich die Band gegen Antisemitismus, Xenophobie und die politisch unklare Positionierung der Deutschrock-Bewegung aus.

So beschäftigt sich die erste Nummer ‚Nie Euer Land‘ mit den Ewiggestrigen, den Vergangenheitsverklärern, den Nationalisten und selbsternannten Patrioten. Dazu passend klingt die Musik kantig und angriffig. Die zweite Nummer, zugleich Namensgeber des Albums, spricht sich in deutlichen Worten dafür aus, Missstände und Unmenschlichkeiten bewusst zu sehen und dagegen aktiv zu werden, statt sie zu ignorieren oder schönzufärben. Die dritte Nummer ‚Helden sein‘, hat – wenigstens was den Refrain betrifft – gewisse Anklänge an ‚Those were the days my friend‘, und gemahnt solcherart dezent an die ‚Leningrad Cowboys‘. Das aufregende Drumintro zu ‚Einen Scheiß muss ich‘, erinnert auf positive Art an die Anfangszeit von ‚Green Day‘, die Nummer selbst indes steht doch in bester Tradition des deutschen Underground Punk. Der mitreißende Rhythmus von ‚Vorbei‘ lässt einen an ‚Joker and the thief‘ der australischen Band ‚Wolfmother‘ denken, der Text indes ist tiefsinnig, und doch lebensnah, ein Lied voll tröstlicher Wehmut.

Sie hören zu‘ ist – wie der Titel andeutet – eine Warnung vor der totalen Überwachung, die längst nicht mehr Paranoia, als vielmehr zunehmend aus Terrorangst geborene Realität ist, und den Grundsätzen unserer freiheitlich geprägten Demokratie diametral entgegensteht. ‚Unter Tränen‘ klingt mit seinem eingängigen Riff nahezu nach klassischem Hardrock, und thematisiert das Abdriften der bürgerlichen Gesellschaft in die Gebiete rechten Gedankenguts, warnt in erschreckend klaren Bildern eindringlich vor den Folgen. Ruhiger, gemessener beginnt die Nummer ‚Mit mir‘, steigert sich jedoch schnell zu gewohnter Rasanz und Brisanz.

Tagesschau‘ ist eine gelungene Abrechnung mit einer Gesellschaft die meint, soziale Probleme und die folgen klimabedingter Naturkatastrophen beträfen sie selbst nicht. ‚Mensch‘ erinnert musikalisch eher an ‚Mötorhead‘, als an Herbert Grönemeyer, und ist textlich eine Warnung vor dem Abgrund, auf den der ‚Mensch‘ mit seinem egoistischen, ignoranten Verhalten zusteuert. Die Nummer ‚Früher‘ ist nachdenklich, ruhig und ergreifend, ein guter Ausklang für die erste CD.

Auf der zweiten CD findet man eigenwillige Interpretationen altbekannter Lieder, die ‚Rogers‘ unter Mitwirkung vieler anderer Musiker neu versteht, und musikalisch auf ihre Art umdeutet. Doch noch einige Fakten zur Band selbst. Das soziale Engagement der Band ist auch abseits der Bühne beachtlich. So begannen Sie im August 2013 die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd zu unterstützen. Im Sommer 2015 organisierte die Band gemeinsam mit der Diakonie Düsseldorf einen Tagesausflug für syrische Flüchtlinge im Alter von 20 bis 30 Jahren. Im Jahr 2010 gewannen sie den jährlichen City Beats Bandcontest im Haus der Düsseldorfer Jugend, und konnten den ‚Planetrox Musikwettbewerb‘ für sich entscheiden. Alle Studioveröffentlichungen der Band wurden in Zusammenarbeit mit dem Musikproduzenten Michael Czernicki in Düsseldorf produziert.

FAZIT:


Bewertung:

GENRE: Punkrock

TRACKLIST:

CD 1:

1. Nie Euer Land
2. Augen auf
3. Helden sein
4. Die Nachbarn von Oben
5. Einen Scheiß muss ich
6. Wohin
7. Vorbei
8. Sie hören zu
9. Unter Tränen
10. Mit mir
11.Tagesschau
12. Mensch
13.Früher

CD 2:

1. Schmidtchen Schleicher (feat. Torsten Wollbaum)
2. Wärst du doch in Düsseldorf geblieben (feat. Pommes Melly)
3. Es gibt kein Bier auf Hawaii (feat. Wolfang Wendland)
4. LiebFicken (feat. Monchi)
5. Immer wenn ich traurig bin
6. Ich möcht‘ der Knopf an deiner Bluse sein (feat. Korkenkind)
7. Sieben Fässer Wein (feat. Marco Pogo)

VÖ: 08.09.2017
Format: Doppel-CD / LP / Digital
Label: People Like You Records
Auf Tour im Norden: 25.01.2018 Bremen – Tower | 15.02.2018 Hannover – Musikzentrum 16.02.2018 Hamburg – Logo


Rezensent: Florian

Dieses Album erhält 10 von 10 möglichen Punkten. Intelligente Texte, gelungene Riffs, eine dichte Tonwand, und ein abwechslungsreicher Sound, der sich selbst treu bleibt, aber nie monoton oder wiederholend wirkt, und dem Hörer somit großen Genuss bereitet, selbst da wo die ernste Thematik der Texte ihn im Innersten packt und anrührt.

--> Musikvideo: Rogers "Augen auf"