Die etwas andere Prinzenrolle

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Bremen, 11.11.2021 - „Der kleine Prinz auf Station 7“ ist das jüngste Werk des Varieté-Autors Markus Pabst und des Berliner Regisseurs Pierre Caesar, der auch beim Presseempfang etwas über die Show erzählte. Sie soll eine positive Lebenseinstellung trotz widriger Umstände und Hoffnung vermitteln. Für das GOP Bremen ist es der zweite Anlauf, denn am 30.10.2020 hatte die Show schon einmal Premiere. Obwohl man schon wusste. dass die Spielzeit wegen des 2. Shutdowns nach nur vier Spieltagen und sieben ausverkaufte Shows beendet wird. Direktor Peiniger teilte erfreut mit, das ab dem Premierentag wieder nahezu volle Saalkapazität und die Öffnung der Pianobar wieder zu mehr Normalität führen.

Die Neuinszenierung von Antoine de Saint-Exupérys Werk aus dem Jahr 1943 (ach der Bibel das meistgelesene Buch der Welt) entstand in Zusammenarbeit mit Dr. Eckart von Hirschhausen und seiner Stiftung „Humor hilft Heilen“. Der Held Moritz von „Station 7“ ist Patient in einem Kinder-Hospiz, dem mit Hilfe seiner Freunde gelingt, das Krankenhaus in einen Ort der Freude und Lebenslust zu verwandeln. Mit großem schauspielerischen Talent verkörpert der erst 23 jährige Tim Kriegler den Moritz, der im Rollstuhl sitzt und sich in einem Kinder-Hospiz in die Welt seines Lieblingsbuches „Der kleine Prinz“ hineinträumt.

Trotz Tanz mit Rollstühlen und Artisten auf Krücken geht es nicht um Inklusionstheater, sondern um höchst vollendete Körperbeherrschung. Das Besondere dieser Inszenierung ist es, Gegebenheiten die an einem solchen Schauplatz, in dem es um Krankheiten, körperliche Einschränkungen und auch um den Tod geht, souverän zu umgehen. Dabei sind die elf Künstlerinnen und Künstler sind nicht nur mit ihrer Artistik eindrucksvoll, sondern verströmen viel Herzlichkeit und vermeiden so kitschige Gefühle.

Erzählt werden zwei Zeitstränge abwechselnd. In der aktuellen Zeit in dem Krankenhaus und innerhalb der Binnenhandlung besucht der kleine Prinz in Rückblenden sechs Planeten. Auf dieser Reise fungiert der Arzt (Maik Dehnelt) als musikalischer Erzähler. Der junge Musicaldarsteller hat bereits seine ersten Musicalrollen hinter sich und nun folgt nun seine erste Varieté-Produktion. Eigens für die Show haben Jack Woodhead (bekannt aus „KAWUMM“) und Lukas Thielecke Musik komponiert, die größtenteils von Dehnelt live vorgetragen wird, obwohl die musikalische Grundausrichtung zwischen Schlager und Kindermusical Geschmackssache ist.

Der kleine Prinz wird bei diesen Besuchen der Planeten mithilfe einer kleinen weißen Puppe vom Puppenspieler JARNOTH gespielt, einer der beiden Klinikclowns. Der Zweite im Bund ist Denis Klopov. Er führte auch die seltene Kunst des Balldrehens und das virtuose Spiel an Glasharfe und singender Säge vor.

 

 

 

 

 

Zuerst wird der Planet des Geschäftsmanns (Nathalie Wecker) besucht, auf welchem eine Rechenhilfe zur Equilibristik mit unglaublichen Handständen genutzt wird.

Auf dem Planeten des Königs steht die rappende Ratte (Ihor Yakymenko) mit einer Nagetier-Breakdance-Performance im Fokus. Auf dem dritten Planeten, dem Planeten des Säufers wird der Kreislauf der Alkoholabhängigkeit durch Toke Reimanns im schwankenden Cyr präsentiert.

Der Geograf (Aniko Serfözö aus der Schweiz) wird mit der Akrobatik des eleganten Seiltanzes verknüpft. Auf dem fünften Planeten trifft Moritz den Laternenanzünder (Ihor Yakymenk), der die Laterne für seine Chinese Pole-Kunststücke nutzt und dabei noch Saxophon spielt. Bevor der Prinz wieder auf die Erde kommt, besucht er noch den Planeten des Eitlen (Niklas Bothe) und kann dessen Hula-Hoop-Show bewundern. Die russische Artistin Olga Golubeva ließ das Publikum während ihrer eleganten Vorführung am Vertikaltuch den Atem anhalten. Im Hintergrund wird der Inhalt simultan durch die Live-Zeichnung von dem mexikanischen Künstler Ernesto Lucas HO unterstützt, welche größtenteils mit einem elektronischen Stift und Tablet von seinem Zeichentisch auf die Bühnenleinwand übertragen werden.

Wer einen leichten, humorvollen Abend erwartet, wird hier schon etwas enttäuscht. Die Show ist zum Teil schwermütig, was man so nicht unbedingt im Varieté erwartet. Aber genau das macht das GOP aus, dass die unterschiedlichsten Themen Grundlage einer Show sind. Mal lustig, mal nonverbal und eben wie in diesem Fall auch mit Poesie und Traurigkeit in einer schönen Fantasiewelt. In der letzten Szene im Krankenhaus stirbt Moritz, den bewegenden Schluss macht die Himmelfahrt von Moritz an den Strapaten. Ein spektakuläre Nummer, für die er zu Recht 2019 beim Zirkusfestival in Monte Carlo mit Silber ausgezeichnet wurde.
„Station 7“ ist noch bis zum 2. Januar 2022 im GOP Bremen zu sehen.