Interview mit Jean-Paul Gaster von CLUTCH

Von Gregor Eder

CLUTCH haben vergangenes Monat mit „Sunset on Slaughter Beach“ ein wirklich feines Album rausgehauen. Am 24.11.2022 gastierte die Truppe in Wien in der beliebten Location Arena Wien und ich durfte mich vor Ort mit Jean-Paul Gaster (Drummer) zu einem kleinen Interview treffen. Kaum in der Location angekommen geleitete mich Tourmanager Oscar zum Tourbus, in welchem ich mich mit Jean-Paul entspannt zusammensetzen durfte. Nach einer kurzen Begrüßungsrunde schoss ich mit der ersten Frage los: „Was hat sich seit der Veröffentlichung von „Book of Bad Decisions“ getan?

Jean-Paul legte direkt los: „Also, im Grunde passierte uns das, was allen anderen auch passierte. Wir hatten Tour-Pläne und für viele von uns waren diese Pläne sehr groß. Ich bin mir sicher, dass du als Musiker auch große Pläne hattest. Es war eine verrückte Zeit. Wir sind nun schon seit 31 Jahren eine Band und hatten nie eine Situation in welcher wir nicht auf Tour gehen konnten. Selbst in den ersten Tagen der Band, als wir noch von Record-Label zu Record-Label gesprungen sind, ließen wir uns nicht unterkriegen, denn wir wussten, dass wir Shows spielen konnten. Wir hatten einen Agent der uns eine Tour zusammenstellte, selbst wenn das Record-Label nicht mitspielen wollte. Somit war es das erste Mal, dass wir nicht touren konnten und das war richtig hart für uns. Es war eine sehr interessante Übergangszeit für uns. Wir haben insgesamt 4 Streaming-Shows geliefert und jene waren sehr erfolgreich aus verschiedenen Sichtweisen. Wir könnte alleine darüber Stunden reden. Diese Shows haben uns fokussiert gehalten. Als wir ein Licht am Ende des Tunnels sehen konnten, wurden die Arbeiten am neuen Album aufgenommen. Wir hatten ja schon eine Zeit lang Songs geschrieben, doch es ist nicht einfach ein Album zu planen, wenn man nicht genau weiß, wann es veröffentlicht wird. Schlussendlich, als sich die Situation wieder beruhigte, hatten wir wieder Hoffnung und konnten uns auf das Album konzentrieren und so kam es zu „Sunset on Slaughter Beach.“

Eine sehr klare Erklärung der Vorkommnisse der letzten Jahre! Da Jean-Paul eine solch schöne Überleitung zum Album gebracht hatte, schloss ich dort direkt mit folgender Frage an: „Wenn wir nun vom Album sprechen, gab es große Unterschiede hinsichtlich des „Recording-Process“ zwischen dem letzten Album und „Sunrise on Slaughter Beach“ ?

„Ja! Definitiv! Traditioneller Weise, seit den ersten Tagen der Band, haben wir neue Songs geschrieben und direkt auf der Bühne ausprobiert. Für uns als Band ist das ein wichtiger Punkt. Aus meiner Sicht als Schlagzeuger hat man eine Idee wie ein Songs funktionieren könnte, doch sobald ich jenen auf der Bühne preisgebe, weiß ich exakt ob das Tempo passt, ob der „Swing“ sitzt. Da der Gesang live wesentlich intensiver ist als auf einem Demotape und natürlich auch das Publikum reagiert, bekommt man ganz andere Eindrücke. All diese Eindrücke sammle ich und bearbeite dahingehend die Songs. Manchmal passt es von Beginn an und andere Male nicht. Für uns war es immer diese experimentelle Art die uns ausgemacht hat. Diesmal war es anders. Diesmal saßen wir zu viert zusammen und schrieben an den Songs. Ab einem gewissen Punkt fühlte sich das Ganze an als wäre man ein Fisch in einem Aquarium, welcher immer den selben Kreis schwimmt. Wir hatten uns entschieden Tom Dalgety als Produzent hinzuzuziehen und wir hatten zuvor nicht zusammengearbeitet. Es gab ein paar Zoom-Calls um uns kennenzulernen und wir mochten ihn sofort.

Es war das erste Mal, dass wir einen Produzenten hatten, welcher jünger ist als wir, was auch interessant war. Als er kam, hatte er seinen eigenen Weg zu arbeiten und war auch klar bezüglich was ihm gefiel und was nicht. Er sagte nicht: „Dieses Riff gefällt mir nicht“ oder ähnliches. Er wies nur hier und da auf Riffs hin und fragte warum wir dieses Riff nicht genommen hatten und so weiter. Durch diesen Prozess wuchs das Album. Es geschah also einiges interessantes auf diesem Album. Es gab ein paar Songs bei denen ich skeptisch war, doch schlussendlich funktionierte es. Der Vibe im Studio war eher experimentell und wir waren nicht wirklich sicher wie alles zusammenkommen würde. Tom war hier wirklich hilfreich. Schlussendlich ist das Album dadurch einzigartig geworden. Man kann solch eine Arbeitsweise nicht erzwingen, es muss einfach passieren.“

 

Ich erklärte Jean-Paul, dass man diese „Harmonie“ im Studio auch beim Hören des Albums merkt, da man jenes in einem Durchgang hören kann. Nicht, dass die Songs so ähnlich wären, aber der Vibe der sich durch das Album zieht bringt eine ganz eigene Wirkung. Da Jean-Paul schon einige neue Aspekte des Albums aufgebracht hatte, fragte ich folgendes: „Im Album darf man ja auch zum ersten Mal ein Vibraphon und ein Theremin vernehmen. Wie kam es denn dazu?

Photocredit: Dan Winters

„Also das Vibraphon habe ich ins Spiel gebracht. Ich spiele das Vibraphon, wenn auch spielen schon etwas übertrieben ist. Ich kenne gewisse Skalen und Akkorde. Manchmal nutze ich das Vibraphon um Ideen zu sammeln, welche dann von den Jungs auf der Gitarre gespielt werden und es hört sich immer besser an, wenn es von Gitarren gespielt wird. Mit dem Vibraphon experimentiere ich hauptsächlich herum und nach dieser Tour muss ich definitiv wieder mehr üben. Am Album hat sich das Vibraphon sehr gut gemacht und es ist ein gutes Medium um Songs zu schreiben. Das Theremin war Toms Idee. Es war ein Theremin im Studio und wir hatten unseren Freund J. Robbins dabei, welchem das Studio eigentlich gehört. Er hat jedenfalls das Theremin eingespielt. Er kann dieses Instrument bedienen wie kein anderer. Natürlich wollten wir den Song auch live spielen und so musste Neil Theremin spielen lernen. Es ist lustig zu zusehen, denn es ist wirklich ein verrücktes Instrument und es klingt sehr cool. In „Sceletons on Mars“ haben wir extra Platz für das Theremin gemacht und es nicht einfach oben drauf geklatscht. Es macht wirklich Spaß dieses Teil jeden Abend auf der Bühne vorzustellen.“ antwortete Jean-Paul.

Ich kann mir vorstellen, dass es enorm Spaß macht ein Theremin zu spielen, da ich schon lange überlege mir selbst eines zu zulegen. Bevor ich aber mit Jean-Paul in einen Plausch über elektronische Instrumente abrutschte, fokussierte ich meine letzte Frage nochmal direkt auf das neue Album: „Am neuen Album gibt es den Song „Red Alert (Boss Metal Zone)“. Ich kenne das Gitarreneffektpedal von Boss sehr gut, aber warum habt ihr es in Klammer nach dem Songtitel gesetzt ?“  

Jean-Paul lachte und begann zu erklären: „Ich weiß nicht ob du dich erinnern kannst, aber es gab ja einige Verschwörungstheorien bezüglich des neuen Impfstoffes. Eine davon war, dass mit der Impfung auch ein Mikrochip in den Körper injiziert wird. An einem Punkt wurde ein Bild von diesem Chip online geposted und natürlich verbreitete sich dieses Bild wie ein Lauffeuer. Eines Tages sah sich ein Techniker dieses Bild etwas genauer an und merkte, dass ihm der Chip bekannt vorkam. Er recherchierte etwas nach und fand heraus, dass der Chip der Computerchip aus einem Boss Metal Zone Pedal stammt. Der Text zu dieser Begebenheit schrieb sich sozusagen wie von selbst.“ 

Eine wirklich genial Geschichte! Hier sieht man wie leichtgläubig gewisse Individuen sein können und mit welch perfiden Methoden gewisse Menschen versuchen Stimmung zu machen. Das Ganze noch in einen sublim sozialkritischen Song zu verpacken ist natürlich eine feine Sache. Jean-Paul und ich plauderten im Bus noch etwas über unsere Musik-Geschmäcker bis unsere Interviewzeit zu Ende war. Es war wirklich ein wahnsinnig entspanntes Interview und ich möchte mich an dieser Stelle nochmal bei Jean-Paul bedanken. Euch da draußen sei abschließend noch „Sunrise on Slaughter Beach“ wärmstens empfohlen. Was ich davon halte könnt ihr --> hier lesen.