Interview mit Ina Bredehorn | Deine Cousine

Von Laura Fatteicher

Drei Jahre nach ihrem Debütalbum veröffentlicht Deine Cousine am 9. September 2022 ihre zweite Platte “Ich bleib nicht hier”. Vier Singles geben bereits einen Einblick in das neue Schaffenswerk der Wahlhamburgerin. Die neuen Songs lassen tiefer als zuvor in ihr Leben blicken, etwa auf die Entscheidung, das Dorfleben aufzugeben und den sicheren Job für die Musik zu schmeißen. Wie sie uns im Interview verrät, hält das Album allerdings musikalisch noch einige Überraschungen bereit. 

Wie bist du auf den Künstlernamen “Deine Cousine” gekommen?

Ina: Ich fand das irgendwie geil. Der Name Ina war in Hamburg schon von einer blonden Frau besetzt. Ich mag daran, dass man irgendwie eine große Familie gründet, ohne sie zur Schule bringen zu müssen und zu erziehen (lacht). Ich habe aber auch sehr viele Cousinen und Cousins. Neulich hat mir meine Cousine geschrieben, dass sie Radio gehört hat und dann die Ansage kam “Und jetzt kommt Deine Cousine mit…”, da musste sie sehr lachen. 

Welche Band oder welche Musik hat deinen Lebensweg besonders beeinflusst?

Ina: Ich kann das immer gar nicht so richtig sagen. Das war einfach in jeder Lebensphase etwas anderes. Musik ist generell ein großer Motor für mich und auch ein krasser Halt. Ich war zum Beispiel letzte Woche auf einem Nick Cave Konzert und habe da Rotz und Wasser geheult. Das war einfach ein schönes Erlebnis, wieder zu merken, dass mich Musik immer noch als Fan, als Hörer, so dermaßen berührt, denn das verliert man natürlich manchmal auf dem Weg des Musikmachens als Job. Und deshalb waren es in den unterschiedlichsten Phasen meines Lebens die unterschiedlichsten Sachen. Ich habe alles gehört von Soul, Rock, Metal … eigentlich alles bis auf Schlager. Ich bin aber nicht der Mensch, der irgendwo direkt kleben geblieben ist. Das zweite Album heißt nicht ohne Grund “Ich bleib nicht hier”. Ich glaube, ich bin ein Mensch, der immer auf der Suche und in Bewegung ist und so ist auch mein Geschmack in meinem Musikverhalten. Ich möchte immer etwas Neues entdecken. Ich bin einfach ein mega interessierter Mensch, an allen möglichen Musikrichtungen. Und wenn mich eine Musikrichtung gerade langweilt, dann möchte ich etwas anderes hören, um da dann etwas zu entdecken, was ich für meine Musik wieder nutzen kann. 

Du bist ja auch mit anderen Künstlern unterwegs, zum Beispiel aktuell mit Udo Lindenberg. Gibt es etwas, was du dir von diesen “abgucken” bzw. von ihnen lernen konntest?

Ina: Generell lernt man ja von jedem Menschen ständig, immer wieder etwas – Gutes wie Schlechtes. Genauso kann man das auch bei Zusammenarbeiten sehen. Ich bin Udo zum Beispiel unfassbar dankbar dafür, dass ich solche Produktionsgrößen sehen durfte, bevor ich überhaupt mit meinen eigenen Sachen nur annähernd irgendwelche Konzerte bespielt habe und mich auf diesen Bühnen beweisen durfte. Und natürlich lernt man bei so einer Legende schon beim täglichen Beobachten unfassbar viele Sachen. Aber ich liebe es auch einfach Konzerte zu gucken, weil man aus jedem lernt. Ich könnte sogar aus einem Helene Fischer Konzert etwas mitnehmen, selbst wenn es das ist, was ich nicht machen möchte. 

Dein neues Album trägt den Titel “Ich bleib nicht hier”. Willst du durchbrennen?


Ina: Ich habe immer Pläne durchzubrennen (lacht). Dieses “Ich bleib nicht hier” bezieht sich für mich auf verschiedenste Sachen: Örtlich gerade nicht, aber es erzählt natürlich auch ein Teil meiner Geschichte, dass ich nicht da geblieben bin, wo ich war. Ebenso geht es aber auch um die emotionale Zeit mit Corona, die uns natürlich alle betroffen hat, dieses “Wo bin ich hier gerade?”. Denn da ging es mir eine Zeit lang auch nicht so gut, wie wahrscheinlich vielen anderen auch. Der Titelsong “Ich bleib nicht hier” handelt quasi genau davon, sich aus so einem emotionalen Loch wieder rauszukämpfen und zu entscheiden, nicht da zu bleiben, wo es wehtut. Generell steht dieser Titel einfach für mich, dass ich immer in Bewegung bleiben möchte. Ich möchte immer etwas dazulernen, ich möchte immer etwas Neues entdecken und Erkenntnisse gewinnen, ohne mich dabei zu verlieren. Die Welt verändert sich halt jeden Tag und ich möchte da drin nicht stehenbleiben und dann feststellen, dass das ganz schön langweilig geworden ist. 

Hast du noch einen anderen Lieblingstitel auf der Platte, der dir besonders wichtig ist und kannst du uns ein bisschen darüber erzählen?

Ina: Es gibt verschiedene Momente, wo klar ist, was das Lied mit mir machen wird. Es gibt zum Beispiel einen Song, der heißt “Bring mich nach Hause”. Da freue ich mich unfassbar drauf, den auf Konzerten zu spielen. Denn wenn das Publikum den erstmal kennt und bei dem Endteil alle anfangen mitzusingen, da weiß ich jetzt schon, dass mir dann die Tränen runterlaufen werden. Dann gibt es Songs, die mir einfach emotional sehr wichtig sind. Ich habe einen Song über meine Oma geschrieben, von der ich sehr viel mitgenommen habe, weil sie früher immer der Paradiesvogel im Dorf war. Ich fand sie sehr schräg und jetzt stelle ich immer mehr fest, umso älter ich werde, dass ich immer mehr wie sie werde.

 

Träume findet man im Dreck” ist einfach wichtig, weil ich mich getraut habe, das erste Mal über meine Vergangenheit zu reden und dann auch im Video den Leuten gezeigt habe, wie mein altes Leben war. Denn das ist auch ein Teil von mir. So schrecklich dieser Satz ist, aber das ist bisher das persönlichste Album, würde ich sagen (lacht).


Foto: Nordevents

Zum Song “Träume findet man im Dreck”: Hast du diese Entscheidung, dein “sicheres Leben” wegzuwerfen, an irgendeinem Punkt schon mal bereut?

Ina: Ne, keine Sekunde! Was nicht heißt, dass ich nicht manchmal Angst gehabt hätte, weil natürlich wäre es einfacher gewesen, einen festen Job zu haben. Aber die Zeiten sind ja aktuell so unsicher, dass du das auch in einem festen Job heutzutage nicht hast. Ich habe irgendwann festgestellt, dass ich hier nicht glücklich werde, wenn ich’s nicht nochmal mit der Musik probiere und ich bereue das keine Sekunde. Das ist einfach die beste Entscheidung meines Lebens gewesen. Aber auch, diesen Job vorher zu machen, weil ich glaube, dass ich jetzt keine gute Musikerin wäre und auch nicht so viel zu erzählen hätte, wenn ich das nicht alles durchgemacht hätte. Wenn ich mit 16 Jahren entschieden hätte, Musik zu machen, dann wäre ich wahrscheinlich profillos gewesen und so habe ich mich da erstmal rausgekämpft. 

Die bisher veröffentlichten Singles hören sich auch ein bisschen “punkiger” an, im Vergleich zu deinem Debütalbum. Machst du dir im Vorfeld eines Albums darüber Gedanken, in welche Richtung es gehen soll oder lässt du es einfach passieren?

Ina: Nein, ich entscheide am Anfang eher, wo textlich und inhaltlich für mich die Reise hingehen soll und wenn ich dann anfange, diese Ideen zu verarbeiten, dann schaue ich, wo das musikalisch für mich endet. Es wird auch nicht alles auf dem Album so punkig sein. Wir haben jetzt einfach die punkigen Nummern zuerst veröffentlicht, weil sich das irgendwie gut anfühlte, weil wir eine Geschichte erzählen wollten. Mir war halt wichtig, dass “Träume findet man im Dreck” eine Single ist, damit die Leute verstehen, wo ich herkomme. Ich will, dass die Leute, die meine Musik hören, wissen, wer ich bin. Es wird aber auch super viele poppige Nummern auf dem Album geben, weil ich mich musikalisch nicht so festlegen will. Ich will einfach Musik machen, die mir Spaß macht und ich glaube, da sind noch ein paar Songs auf dem Album, wo Menschen überrascht sein werden, wie die klingen. Ich sag mal so, es ist ein Album für die ganze Familie (lacht). 

Du spielst dieses Jahr erneut auf dem Wacken Open Air. Welche Erinnerung kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deinen ersten Auftritt auf diesem Festival zurückdenkst?

Ina: Dass ich so aufgeregt war, dass ich fast neben die Bühne gekotzt hätte (lacht). Es war viel zu heiß und ich hatte viel zu wenig gegessen und viel zu viel getrunken vorher. Eine Mischung aus Freude und Anspannung gehört halt immer dazu und muss irgendwie die Waage halten. Das war auf jeden Fall ein unfassbar toller, aufregender Tag. Das war mein erster Festivalsommer, den wir da erlebt haben und Wacken war das erste große Festival, was wir spielen durften. Und dann ist es ja auch kein Metal, was ich mache. Das heißt, es war natürlich auch so eine Anspannung  dabei, wie das Publikum das auffassen würde, aber die waren einfach unfassbar cool und liebenswürdig und wir wurden da einfach toll aufgenommen. Das war eine echt schöne Erfahrung. 

Was sind deine nächsten Ziele und Träume mit deiner Musik?

Ina: Ich würde einfach erstmal gerne weitermachen können. Nach diesen krassen zwei Jahren weiß man nicht, ob man da anknüpfen kann, wo man Anfang 2020 stand und ich freue mich, wenn endlich wieder Leute zu Konzerten kommen. Die Ziele stecke ich mir immer auf dem Weg dahin. Ich glaube, das größte Ziel mit meiner Musik ist einfach, den Spaß daran nicht zu verlieren und immer so weiterzumachen, dass es sich nicht wie ein Job anfühlt, sondern immer dieser Lebenstraum bleiben kann, mit meinen Freunden abzuhängen, durch die Gegend zu fahren und eine gute Zeit zu haben. 

Nachdem Deine Cousine im Sommer auf verschiedenen Festivals und als Support für Fury in the Slaughterhouse und Die Toten Hosen unterwegs ist, folgt ihre eigene Tour ab Mitte September, wo sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Bühne rocken wird. Vielen Dank für das Interview.