Interview mit Christopher von Deylen (SCHILLER)

Von Patricia Mikolasch

Ich freue mich, dass du Zeit für das Interview gefunden hast, insbesondere weil ich weiß, dass du aufgrund der Veröffentlichung des neuen Albums "Summer in Berlin" im Moment viel zu tun hast. Wie beschreibst Du Deine Musik?
Ich möchte mit meiner Musik Geschichten erzählen. Im Idealfall ist das dann ein Soundtrack für den Film im Kopf.

Welche Geschichte(n) erzählt das neue Album "Summer in Berlin"?
„Summer in Berlin” ist eine Reise durch Berlin und damit durch die Metropolen der Welt. Berlin ist eine spannende und inspirierende Stadt, gerade weil sie enorm abwechslungsreich ist und damit ein Mikrokosmos des Planeten. Der Album–Opener „Der Klang der Stadt” ist zwanzig Minuten lang und mit seinen verschiedenen Tempi und Klangfarben schon fast ein Film im Film.

Was ist das „Entscheidende“ an Schiller?
Puh, das ist schwer zu sagen. Da müsstest Du eigentlich das Publikum befragen (lacht). Ich versuche stets, meinen Weg zu gehen und das Gegenteil von dem zu tun, was erwartet wird. Sich selbst treu zu bleiben ist wichtig, aber nicht immer einfach. Ich glaube, dass das Publikum diese Authentizität spürt.

Gibt es eine Art Trademarksound?
Ich benutze gerne viel Hall (lacht). Im Ernst: Ich liebe es, ein episches Klangbild zu erzeugen. Dazu gehört die Hallmaschine genauso wie hypnotische Synthesizer–Sequenzen. Anspieltip: „Metropolis” vom aktuellen Album „Summer in Berlin”. Das ist quasi „SCHILLER in a Nutshell”.

In der ganzen Zeit hast Du ja mit sehr vielen verschiedenen Künstlern zusammengearbeitet - hat sich dadurch Dein Empfinden, Dein Verständnis von und für Musik verändert?
Auf jeden Fall. Ich arbeite zwar sehr gerne alleine, aber der regelmäßige Austausch mit anderen Künstlern kann sehr belebend sein. Ich möchte meinen musikalischen Horizont immer wieder aufs Neue erweitern.

Wie schreibst Du die Songs?
Das ist Glücksache. Ich versuche möglichst unbefangen, neuen Ideen zu begegnen. Oft habe ich eine Melodie oder einen Rhythmus im Kopf. Das versuche ich dann in Klang umzuwandeln. Dabei geht sehr oft etwas schief, und dann fängt der Spaß erst an (lacht). Denn genau in diesen unerwartbaren Momenten liegt die besondere Kraft. Erst dann entsteht etwas wirklich Neues.

Wenn Du mit jemandem zusammenarbeiten möchtest- welche „Qualität“, „Eigenschaft“ ist Dir an dem gegenüber am wichtigsten?
Neugier und Beharrlichkeit.

Gab es ein besonderes Ereignis, was Dich in dem Maße zur Musik gebracht hat?
Als ich zwölf Jahre alt war, hat mir ein Freund die Musik der Berliner Elektronik–Band „Tangerine Dream” nahegebracht.

 


 

 

Da war es um mich geschehen (lacht). Seitdem empfinde ich eine ungeheure Faszination für elektronische Klangwelten und habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als eines Tages selber Musik machen zu können. Ich bin sehr dankbar, dass ich jeden Tag diesen Traum leben kann.


Photocredit: Annemone Taake

Warum ist das Projekt nach Friedrich Schiller benannt?
Das war einer dieser Zufälle, die man nicht planen kann. Ich habe wieder einmal im Studio herumprobiert. Dabei entstand eine sehr prägnante Melodie mit einem Glockensound. Also habe ich den Track „Das Glockenspiel” genannt. Auf der immerwährenden Suche nach einem Künstlernamen kam ich über die Assoziation mit dem Gedicht „Die Glocke” auf Friedrich Schiller. Ich hätte nie gedacht, dass mich dieser Name noch über viele Jahre begleiten sollte.

Textlich findet das gesprochene Wort viel Aufmerksamkeit bei Dir- hast Du einen besonderen Bezug zu Sprache, Lyrik?
Ich mag Sprache sehr. Sie kann zusammen mit Musik sehr direkt Emotionen transportieren. Einen besonderen Bezug habe ich eigentlich nicht. Im Gegenteil: Ich nehme mir immer wieder vor, öfter mal ein Buch zu lesen. Leider komme ich im Moment kaum dazu.

Was bedeutet Musik für Dich?
Musik ist für mich ein energetisches Lebenselixier. Musik bewusst zu empfinden, kann Berge versetzen.

Was war das stärkste Gefühl, was Musik mal bei Dir ausgelöst hat?
Musik ist für mich Kopfkino. Das verbinde ich mit Sehnsucht und Fernweh. Wenn ich in gewissen Momenten die passende Musik höre, bin ich in meiner eigenen Welt. Das kann sehr inspirierend sein.

Gibt es ein Album/einen Künstler, der Dich bis heute inspiriert?
Das Album „MCMXC a.D.“ von Enigma höre ich immer noch sehr gerne.

Wenn Du „freie Wahl“ hättest- mit wem würdest Du gerne zusammenarbeiten?
Mit Neil Tennant von den Pet Shop Boys. Bisher hat er leider immer abgesagt, aber ich gebe niemals auf (lacht).

Vielen Dank für das Interview.