Ellenbogen-Dudelsack, Fiedeln, Flöten, Schlagzeug und plärrende Vollwaisen

Cuxhaven – 07.03.2017 - St. Patrick’s Day ist eigentlich am 17. März, doch ist es dem Jazz und Folk Cuxhaven e. V. erneut gelungen, diesen Tag zusammen mit dem Irish Heartbeat Festival 2018 ein wenig früher zu feiern. Bereits 2017 war das Irish Heartbeat Festival ein großer Publikumserfolg für den rührigen Cuxhavener Verein.

Das Gastro Team der ausverkauften Hapag-Halle rund um Daniel Schneider kredenzte denn auch schmackhaftes, dunkles, ehrliches irisches Bier zur Feier des irischen Nationalfeiertags, so erschallte dann auch gelegentlich das typische „Slàinte Mhaith“! Bereits zum 29. Mal ist diese aus wechselnden Bands mit teilweise großen Stars der irischen Folk Szene bestehende Tournee Formation unterwegs.

Zu einem authentischen St. Patrick’s Day Feeling gehört aber nicht nur mystische irische Weisen, sondern auch die Farbe Grün. Der irische Kleeblatt-Anzug des Moderators, sowie grüne Caps und Ohrringe bei den Sängerinnen zeugten für die Heimatverbundenheit zur grünen Insel.

Die mitwirkenden Bands vereinen traditionelle und neue Arrangements, dicht verwoben mit gälischen Einflüssen und der Inselmythologie in einer einzigartigen und mitreißenden Akustik.

Besonders heimisch fühlten sich die 3 Bands an diesem Abend in Cuxhaven, dicht an der Nordsee, denn ist es doch der Veranstaltungsort während der Tour 2018, der auf der Landkarte am nächsten zu Irland liegt, die altehrwürdige Hapag-Halle lud zum Träumen ein, es könnte doch von hier aus gleich ein Dampfer nach Irland ablegen.

Anlegen würde der Dampfer in Dingle, einer Kleinstadt mit knapp 2.000 Einwohnern auf einer Halbinsel im Südwesten Irlands. Aus dieser Bilderbuchstadt mit bunten Fassaden stammen Teresa Horgan & Matt Griffin. Insider kennen Teresa Horgan als die Stimme der Supergruppen FullSet und The Outside Track, letztere traten bereits im Oktober 2015 an gleicher Stelle auf. Gitarrist und Arrangeur Matt Griffin begleitete so manche irische Folkgröße wie Seamus Begley oder Niamh Ní Charra. Eröffnet wird ihr Auftritt mit einem Stück von Simon & Garfunkel. Teresa & Matt überraschten auch mit rein instrumentalen Songs. Matt unterhielt das Cuxhavener Publikum mit typischen irischen trockenem Humor. Jeder kennt Jeden in Dingle, auch jedes Schaf….man möge doch gerne eine CD erwerben, mit den Musikstücken des Abends, wer die Musik nicht leiden kann, solle trotzdem eine CD kaufen, diese dann Weihnachten einer ungeliebten Person schenken.

Es folgte das Quintett Réalta, was im gälischen „Stern“ heißt. Die Mitglieder stammen aus Belfast, ein Bandmitglied erzählte eine Begebenheit aus dem Leben, doch diesem feinen Exkurs in die tiefe nordirische Dialektweise konnten viele im Publikum leider nicht folgen. Die Gruppe wurde in Glasgow bei dem Referenz Festival „Celtic Connections“ mit dem Danny Kyle Award als beste Nachwuchsgruppe ausgezeichnet. Es gibt in dieser Formation gleich zwei Uillean Pipes. Dies ist sehr ungewöhnlich und ein wahrer Ohrenschmaus. Uillean heißt wörtlich übersetzt Ellenbogen und Pipes Pfeiffen.

 

Der irische Dudelsack wird nämlich mit einem Blasebalg in Höhe des Ellenbogens mit Luft zum Bespielen gefüllt, daher der ungewöhnliche Name. Die energetischen Uillean Pipes beherrschen Conor Lamm und Aaron O`Hagan. Conor spielt das Instrument seit seinem 13. Lebensjahr. Sängerin Deirdre Galway mit ihrer lyrischen Stimme und Gitarre ist für die ruhigen, nachdenklichen Musikstücke zuständig. Dermot Mulholland singt die fetzigen, schnellen Songs, er spielt Bouzouki, Kontrabass und Banjo. An der irischen Rahmentrommel – genannt Bodhrán – groovt das 5. Mitglied Dermot Moynagh. Den fünf jungen Musikern wird aufgrund ihrer innovativen Stilrichtung mit ungewöhnlichen Musikinstrumenten von irischen Folkgrößen eine große Karriere vorausgesagt.

Das Cuxhavener Publikum war zumindest von der Beinarbeit im Sitzkreis Experte im irischen Stepptanz. Immerhin hielt es dann doch ein größeres Grüppchen nicht mehr auf den Sitzen, denn Deidre Galway informierte die Cuxhavener Gäste, dass die Bands in Irland keine Gage bekommen, wenn nicht getanzt wird.

Die vier Schwestern aus Donegal, Screaming Orphans kamen nach einer kurzen Pause auf die Bühne. Der Bandname bedeutet in ungefähr „plärrende Vollwaisen“, bei diesen engelsgleichen, reinen Stimmen nicht nachvollziehbar. Auch hier kommt wohl ein Augenzwinkern mit feinsinnigen irischen Humor daher bei der Namensvergabe. Das musische Erbe und die irischen Traditionen haben die 4 Schwestern in Bundoran erfahren,wo sie ihre Kinder- und Jugendzeit verbrachten.

Sie waren erst am Vortag aus den USA eingeflogen, dort leben sie einen Großteil des Jahres. Ein leichter Jetlag war am Beginn ihres Auftritts bei einer der Schwestern noch kurz zu spüren, doch beim 2. Lied waren Künstlerinnen hellwach. Die Diver Schwestern Grainne, Joan, Angela und Mairie Thérèse spielen Irish Folk auf eine moderne, aber auch traditionelle Art. Sie spielen Drums, Gitarre, Fiddle, Bass, Akkordeon und Keyboard. Als die Schwestern ein a capella Lied anstimmen wird es andächtig still im Saal, diese reinen Stimmen klingen wie eine einzige Glasharfe. Die Akustik des Kuppeldaches ist hier sicherlich ein großer Pluspunkt. Der Applaus hielt lange für die international bekannte Damenformation an, sie waren bereits mit Sinead O’Connor auf Welttournee als Background-Sängerinnen oder traten bei David Letterman in der „Late late show“ auf.

Zum Finale des Festival kamen noch einmal alle elf Musiker für eine Session auf die Bühne. Der Auftritt zum 30. jährigen Jubiläum von Irish Heartbeat 2019 wird am 14. März 2019 in Cuxhaven sein.