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Blütengrab

von Ada Fink

Inhalt: Ein brutaler und düsterer Thriller aus der Nachwendezeit. Ein spannungsgeladenes Ermittlerduo, sie aus dem Osten, er aus dem Westen. 1993, Ostdeutschland. Auf einem Bett aus Blütenzweigen und den Körper übersät mit germanischen Runen - so wird in einem abgelegenen Waldstück bei Wussnitz eine Mädchenleiche gefunden. Die ehrgeizige Kommissarin Ulrike Bandow und der neue westdeutsche Kollege Ingo Larssen übernehmen ihren ersten gemeinsamen Fall. Rätselhafte Spuren führen das ungleiche Ermittlerpaar bis in die deutsch-deutsche Vergangenheit, wo sie auf eine bisher unentdeckte, bizarre Mordserie stoßen. Jetzt ist der Täter zurückgekehrt, an den Ort, an dem alles begann. Um ihn aufzuhalten, müssen die Ermittler lernen, einander zu vertrauen. Doch das ist nicht einfach, denn Ulrikes eigene Schuld führt zu einem tiefen Abgrund, in den sie niemals schauen wollte…

Rezension: Die ersten Seiten des gelungenen Thrillers sind etwas zäh, da die Autorin das Buch in Tage aufgeteilt hat, aber nach einigen Seiten ist man voll im Geschehen, es gibt immer wieder Rückblicke in die Kindheit und Jugend der Ermittlerin Ulrike, der Roman beginnt mit einigen Erlebnissen der Kinder Ulrike und ihrer besten Freundin Christa, die damals in einem Kinderheim in der DDR lebte, wie so viele Kinder damals, sie wurden ihren Eltern entzogen, da die Eltern entweder nicht systemtreu waren oder sich in den Westen abgesetzt hatten. Den zurückgebliebenen Kindern wurde oft vorgegaukelt, dass die Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind.

Christa brauchte damals Ulrikes Beistand, doch sie wurde von ihrem Vater, auch Polizist beeinflusst, so gab Ulrike damals zu Protokoll, dass die Christa doch oft lügt und sich Geschichten ausdenkt. Damals, 1975 verschwand ein Mädchen, so wie jetzt auch kurz nach der Wende im Jahr 1993. Eine Kinderleiche wird auf der weiten, einsamen Heidefläche eines ehemaligen Militärgeländes gefunden, viele Minen und Blindgänger sind noch im Erdreich verborgen. Doch damals wie heute treibt eine unheimliche Gestalt ihr Unwesen, Christa und Ulrike haben im Jahr 1975 diese Wesen in den Wäldern in der Sperrzone heimlich beobachtet, doch vor lauter Schrecken geschwiegen.

Die aktuelle Leiche ist mit heidnischen, germanischen Runen gezeichnet, gebetet auf den Blütenzweigen einer Eberesche, eigentlich ein Schutzbaum, wie die Kommissarin von zugewanderten Wesis erfährt. Sie leben zurückgezogen streng nach alt-germanischen Regeln auf einem alten Gutshof. Doch sie haben ein Alibi für die Tatzeit, einzig die Tochter Ingrid, die auch die Leiche gefunden hat, benimmt sich recht merkwürdig.

Ein weiteres Mädchen wird vermisst, ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Zu allem Überfluss wird der kleinen Dienststelle in Mecklenburg Vorpommern auch noch ein Kollege aus dem Westen zugeteilt. Ulrike und ihre Kollegen sind zuerst sehr genervt von dem Kollegen Larssen, aber auch er ist auf der Flucht vor seinem alten Leben. Er erkämpft sich den Respekt Ulrikes und der Kollegen durch sein Wissen und seine Erfahrung. Auch im Kampf und die Ermittlungen im Neonazi Milieu in der kleinen Dorfgemeinschaft ist er Ulrike eine große Hilfe mit seiner Abgebrühtheit und seiner ermittlungstaktischen Arbeit.

Der Fall zieht politische Kreise, die durch einen Maulwurf im ostdeutschen Team erschwert wird. Ulrikes Vater ist 1975 kurz nach dem ersten Mord an einem Mädchen tödlich verunglückt, er kann nicht mehr befragt werden. Ulrike Bandow und Larssen verfolgen Spuren in Westberlin und Frankfurt am Main. Bittere Wahrheiten aus der Vergangenheit von Ulrikes Familie ergeben dann einen Fahndungserfolg, aber ob er für das zweite vermisste Mädchen noch rechtzeitig kommt?

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 23.03.2021
Genre: Polizeithriller
Einband: broschiertes Taschenbuch
Seitenzahl: 448 Seiten
ISBN: 978-3-805-20059-2

Autorin: Ada Fink ist das Pseudonym einer deutschen Roman- und Drehbuchautorin. Neben diversen Auszeichnungen und Nominierungen im Kino- und Fernsehbereich erreichte ihr Debütroman sogleich die Spiegel-Bestseller-Liste. Es folgten weitere erfolgreiche Veröffentlichungen unter ihrem Klarnamen. Ada Fink mag Mary Shelley und vegetarische Schnitzel, und hasst es, nachts in hell erleuchteten Räumen ohne Vorhänge zu sein. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin und Brandenburg.

FAZIT: Schon der Bucheinband ist zum Gruseln schön - ein Reliefdruck von Blütenzweigen, die sich auf dem Buchdeckel emporranken. Frankenstein hätte es gefallen. Unverkennbar ist Ada Fink ein großer Fan der Schriftstellerin Mary Shelley. So spannungsgeladen, bildhaft und düster sind ihre Settings. Man sieht förmlich die Einöde der kleinen, halb verlassenen Dörfer im Flächenland Mecklenburg Vorpommern. Viele Einwohner suchten so kurz nach der Wende ihr Glück im Westen. Sehr schön und informativ auch die Zeitgeschichte und die einzelnen Charaktere aus Ost und West, die Reisebusgesellschaft aus dem Westen, die mal eben „Russen angucken“ auf dem Tagesprogramm hat, in den alten Kasernen und Offiziersgebäuden von Wünsdorf. Oder die eine ISDN Telefonleitung auf dem Polizeirevier, die natürlich nicht wirklich funktioniert. Und wir kennen doch alle diese einsame Dorfgaststätte mit den verblichenen Gardinen, ein einziges Gericht auf der Tageskarte, fettige Bratkartoffeln, Spreewaldgurke und Spiegelei auf unseren ersten Reisen in den Osten.

Aber auch die Besserwesis und die Goldgräber, die sich günstig ganze Areale und historische Gebäude einverleibt haben finden in der Gegenwartsgeschichte Erwähnung. Den Spitznamen „Knarzechse“, den Ulrike Bandow heimlich dem Kollegen Larssen vergibt, dieses Geräusch kennen auch die Generationen aus den 70er und 80er Jahren, lassen sie sich überraschen.

Ada Fink ist auch eine Drehbuchautorin, dieser Roman ist sicherlich für eine Verfilmung geeignet zur besten Prime Time. Aber, wie viele Leser/innen wünsche ich mir Fortsetzungen vom Ermittlerduo Ost und West, oder von den Kommissaren Bandow und Larrsen. Absolute Leseempfehlung! Schon alleine durch die jüngste deutsch-deutsche Geschichtsaufarbeitung ohne erhobenen Zeigefinger, immer mit einem leichten Augenzwinkern.

 

Verlag: Rowohlt Verlag GmbH