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Im letzten Licht des Herbstes

von Mary Larson

Inhalt/ Klappentext: In der idyllischen Kleinstadt Solace ist ein Teenager spurlos verschwunden. Die siebenjährige Clara ist untröstlich. Seit Tagen wartet sie am Fenster auf die Rückkehr ihrer Schwester. Zu allem Unglück liegt auch noch ihre geliebte Nachbarin, die alte Mrs. Orchard, im Krankenhaus. Eines Abends zieht nebenan ein Fremder ein. Liam Kane wurde das Haus von Mrs. Orchard geschenkt, obwohl er kaum Erinnerungen an sie hat. Ist hier, im Norden Ontarios, ein Neuanfang für ihn möglich? Nach und nach erinnert sich Liam an seine eigene, von Verlust geprägte Kindheit. Und auch Mrs. Orchard stellt sich ihrer Vergangenheit. Denn vor dreißig Jahren gab es einen Vorfall, der für zwei Familien tragische Folgen hatte.

Rezension: Die Autorin verknüpft in dieser ruhigen Erzählung die Schicksale ihrer drei Protagonisten. 3 Generationen, in einer Kleinstadt in Kanada. Ein Protagonist, Liam, Mitte 30, wollte eigentlich nie wieder in einer Kleinstadt leben, doch eine Erbschaft bringt ihn zurück in die Provinz, mit neugierigen Nachbarn und verschrobenen Typen. Er hat das Haus von Mrs. Ochard geerbt, die am Ende eines langen Lebens, einsam in einem Krankenhaus verstirbt, vor langer Zeit hat sie Liam betreut, da Liams Mutter mit ihm komplett überfordert war, nach der Entbindung von Zwillingsmädchen.

Mrs. Orchard ist die zweite Protagonisten. Sie hat der jüngsten Protagonistin, der siebenjährigen Clara, einen Haustürschlüssel übergeben, damit sie den scheuen und griesgrämigen Kater Moses während ihrer Abwesenheit versorgt. Clara liebt die Ruhe und die Abgeschiedenheit in Mrs. Orchards Haus. Ihre Eltern belügen die sensible Clara über den Gesundheitszustand von der alten Nachbarin, längst ist klar, dass sie nie wieder in ihr Haus zurückgekehrt. Als dann auch noch Claras 16-jährige Schwester nach einem Streit mit ihren Eltern spurlos verschwindet, bricht die Welt der sensiblen, leicht verhaltensgestörten Clara vollends zusammen. Ihre Schwester ist zwar schon öfter von zu Hause fortgeblieben, aber diesmal dauert ihre Rückkehr zu lange, die Polizei wird eingeschaltet, das Fernsehen berichtet über das Verschwinden des Teenagers. Auch hier verheimlichen die Eltern Clara den Ernst der Lage, einzig und allein aus ihren Gesichtspunkten, um Clara zu schützen.

So schafft Clara sich eine eigene heile Welt in Mrs. Orchards Haus, um so entsetzter reagiert sie, als die Einrichtungsgegenstände in dem alten Haus in etliche Kartons verpackt sind, sie stellt den Nippes immer wieder an den alten Platz. Eines Tages trifft sie dann Liam im Haus, der ihr behutsam das Schicksal von Mrs. Orchard schildert. Auch seine Geschichte, die Beziehung zu Mrs. Orchard, Liams eigene, belastende Kindheit, kommt nach und nach ans Tageslicht. Und Mrs. Orchard? Sie führt in einer Zwischenwelt, an der Schwelle des Todes, Zwiegespräche mit ihrem verstorbenen Mann. Liam hilft Clara letztendlich durch behutsame Gespräche auf der Suche nach ihrer Schwester, denn ihren Eltern vertraut Clara nicht mehr.

Fazit: Was die drei Protagonisten verbindet wird in dieser Erzählung langsam und ruhig aufgebaut, so wie das Leben in der Kleinstadt Solace, schon der wunderschöne Bucheinband mit der herbstlichen Indian Summer Stimmung ist reine Meditation. So auch der Erzählstil der Autorin. Immer abwechselnd sind die Dialoge und Lebensbeichten. Einmal in der kindlichen Sprache der siebenjährigen Clara, dann wieder die Lebensbeichte der alten Dame Elisabeth Orchard.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 30.08.2021
Genre: Unterhaltungsliteratur
Einband: Gebundene Ausgabe
Seitenzahl: 352 Seiten
ISBN: 78-3 453-27357-3

Autorin: Mary Lawson, aufgewachsen in Ontario, lebt seit 1968 in Surrey, England. Mindestens einmal im Jahr reist sie in ihre Heimat Kanada. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Ihr Debüt »Rückkehr nach Crow Lake« war ein internationaler Erfolg und wurde in 20 Länder verkauft. 2006 wurde sie für den Booker Prize nominiert. Ihr neuester Roman, »Im letzten Licht des Herbstes«, ist in Kanada ein Bestseller.

Liam ist der Mittler der beiden Charaktere, auch er hier in seinen besten Jahren gestrandet, eine Lebenskrise in der Großstadt, führte ihn gerade jetzt hierher. Das Leben und die Nachbarschaft, das kleine Diner mit anscheinend nur einem Tagesmenü, der Polizist der kleinen Polizeistation, der Allroundhandwerker, all diese Menschen schildert die gebürtige Kanadierin Mary Larson in bunten und warmherzigen, authentischen Settings. Eine Erzählung über Vertrauen und Vergebung. Der Roman liest sich gut durch den interessanten Schreibstil der Autorin. Zum Ende des Romans werden einige Ereignisse etwas schnell „abgearbeitet“, das stört aber nicht den Lesefluss.

 

Verlag: Heyne Verlag