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Unter einem anderen Himmel

von Josefine Blom

Inhalt/ Klappentext: Zuhause ist da, wo die Menschen sind, die man liebt – ein ergreifender Roman über Liebe, Familie und das Finden der eigenen Wurzeln. Als die 38-jährige Stella Köhler unerwartet ein Haus in Haffkrug an der Ostsee erbt, ist dies eine glückliche Fügung, denn ihre finanzielle Situation ist ein mittleres Desaster. Seit Monaten schon wartet die Übersetzerin auf das neueste Manuskript des englischen Bestsellerautors John Harding. Als dieser sie überraschend auffordert, nach Prag zu kommen, nimmt Stella den nächsten Zug. Sie ahnt nicht, wie viel seine Familiensaga, die im ehemaligen Sudetenland beginnt, mit ihrer eigenen Geschichte zu tun hat. Erst als sie die Vergangenheit versteht, kann sie mit ihrer Tochter ein Zuhause in der Gegenwart finden.

Rezension: Das Autorinnen-Duo beschreibt in 3 Handlungssträngen die Schicksale ihrer Protagonistinnen Stella und Martha, aber auch Teresa bekommt mit jeder Seite des Romans mehr Raum für die Erlebnisse ihrer, mehrfach erlittenen Verluste, im Böhmerland um 1945.

Der männliche Protagonist, der Schriftsteller John Harding, verfasst einen Roman über seine Nachbarin Ida, die früher einen anderen Namen hatte. Ida, kinderlos, hat sich viel um John gekümmert, sie ist vor Jahren ausgewandert nach England, nach dem sie ihren Ehemann, einen britischen Offizier im vollkommen zerstörten Hamburg kennen und lieben gelernt hat.

Um sie als Person zu schützen, gibt John ihr den Martha als Pseudonym in der historischen Erzählung. Stella arbeitet als freie Übersetzerin, sie hat den um einiges älteren Roland geheiratet, ihr Leben ist recht sorgenfrei, Roland erfüllt ihr viele Wünsche, er liebt es Stella zu überraschen. Die gemeinsame Tochter Neele, im Teenageralter macht das Glück komplett. Die Familie steht bei Stella an erster Stelle, hat sie ihre Eltern doch früh durch einen Autounfall verloren.

Durch einen schweren Schicksalsschlag ändert sich ihr Leben aber innerhalb von 24 Stunden. Roland hat ihr immer die heile Welt vorgegaukelt, die es schon lange nicht mehr gab. Stella hat zwar gewisse Vorzeichen gesehen, sie aber verdrängt. Robert verstirbt im Krankenhaus, Stella und Neele sind traumatisiert. Auch bei der Testamentseröffnung kommt ans Tageslicht, dass Robert Geheimnisse hatte – doch hat er eine letzte Überraschung für Stella, er hat ohne ihr Wissen ein Haus in Haffkrug an der Ostsee gekauft. Die junge Witwe hat Geldsorgen, sie will das Haus so schnell wie möglich veräußern, doch es gibt einen Haken im Testament.

So hofft Stella nun auf den Auftrag für die Übersetzung des englischen Romans vom Schriftsteller John Harding, doch er hat eine Schreibblockade. Ihm fehlen die letzten Seiten zu seinem Werk „Martha“. Ohne Ende der historischen Erzählung keine Übersetzung. Die Lektorin des Verlags setzt Stella auf den recht bekannten Schriftsteller an. Sie bekommt eine kryptische Botschaft, dass sie sich in einem Hotel in Prag mit Harding treffen soll.

Der Autor und Stella recherchieren in Prag und in Adersbach, einer Felsenstadt im Braunauer Bergland, der Heimat von Martha, ihrer jüngeren Schwester Mali und ihrer Familie, die Mutter hier geboren, der Vater ein Deutscher. Zum Ende der Reise durch Böhmen folgt John Stella nach Haffkrug. Wie wird Neele den Besucher empfangen?

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 25.10.2021
Genre: Familienroman
Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 384 Seiten
ISBN: 978-3-764-50755-8

Autorinnen: Josefine Blom ist das Pseudonym des Autorinnen-Duos Tania Krätschmar und Danela Pietrek. »Unter einem anderen Himmel« ist ihr erster gemeinsamer Roman. Geschrie-ben wurde zusammen an der Ostsee, in Tschechien und in Spanien.

Verlag: Blanvalet Verlag

Fazit: Der Roman spielt auf 3 Ebenen, die Rückblenden in die Kriegs- und Nachkriegsjahre 1940 bis 1945, Schicksale in Böhmen und die der Sudetendeutschen, die letztendlich unter der Verfolgung und Vertreibung durch ihre Landsleute zum Teil noch heute leiden, sind sehr authentisch beschrieben. Trennungen und Verluste von geliebten Menschen, aber auch Neuanfänge um zu Überleben, berühren die Leser sehr.

Die Sequenzen in der Gegenwart, Prag und besonders Adersbach mit der berühmten Felsenstadt sind ein liebevoller Reiseführer, der große Lust auf eine Reise nach Tschechien macht. Jeder Leser, der Prag bereits besucht hat, wird auch die Touristennepp-Lokale mit den völlig überhöhten „Pivo“ Preisen wieder erkannt haben. Dazu laden auch die Kochkünste der Romanfigur „Theresa“ ein. Wunderbar die böhmischen Kochrezepte im Anhang des Romans. Dazu passend nostalgisch auch der Bucheinband.

Auch die Idee, Johns Manuskript in einer anderen Schriftart hervorzuheben ist hervorragend, so erkennt der Leser immer wieder Marthas Geschichte. Zu flach und vorhersehbar allerdings ist die Romanze der beiden Protagonisten Stella und John. Alles geht ohne große Komplikationen und Zweifeln seinen Gang, wie Olga immer zu sagen pflegt.

„Mr. McDreamy“ – den beiden Romanfiguren hätte etwas weniger böhmischer Zuckerguss sicherlich nicht geschadet. Insgesamt aber ein flüssiger Schreibstil, ein guter Schmöker mit viel historischem Hintergrundwissen über unser Nachbarland Tschechien. Eine Zugreise von Pirna nach Prag, eine landschaftlich sehr schöne Strecke durch das Elbsandsteingebirge, wünsche ich mir demnächst, natürlich mit dem Zugschaffner Pavel und die Leckereien aus dem Speisewagen.