Unabhängige Buchbesprechungen

Leas Spuren

von Bettina Storks

Auch diese Erzählung von Bettina Stork führt den Leser nach Frankreich. Genauer gesagt in das von der deutschen Wehrmacht besetzte Paris. Hier treffen ein Franzose und eine Deutsche aufeinander, die sich beide für Kunst interessieren. Bald wird aus dem Arbeitsverhältnis auch ein leidenschaftliches, aber kompliziertes Liebesverhältnis. Das Vertrauen aufeinander wird mehr als einmal auf eine Probe gestellt, nicht zuletzt durch die Arbeitgeber der Beiden, es geht hier auch um den Kunstraub der Nazis und in erster Linie um die Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Gemeinde in Paris.

Der zweite Erzählstrang handelt von einer jungen Frau in Deutschland, in deren Familie eine dunkle Familiengeschichte bewusst verschwiegen wird. Und es geht um einen Journalisten in Paris, der seinen Großvater gerade verloren hat, nicht ahnend, dass er ein Doppelleben geführt hat. Die junge Historiker Marie und der aufstrebende Journalist Nicolas erben gemeinsam die große Wohnung des Großvaters in Paris. Dies ist aber an eine besondere Bedingung geknüpft, die am Anfang kaum lösbar scheint.

Der Schlüssel zu diesem Rätsel wird nach langer Recherche in Deutschland gefunden. Allen Widerständen beider Familien zum Trotz. Die lang verschwiegenen und teils traumatischen Erinnerungen von Maries Großmutter führen fast zum Bruch in der deutschen Familie.

Aber auch Nicolas betuchte Eltern, ganz weit oben in der Pariser Gesellschaft, fürchten einen Skandal. Sie unterstützen die beiden Erben nicht auf der Suche in der Vergangenheit, die doch solch großes Elend über die Franzosen und die Deutschen gebracht hat. Das lässt Nicolas elitäre und versnobte Mutter Marie mehr als einmal spüren.

FAZIT: Die Handlungsstränge beider Zeitepochen versteht Bettina Stork wieder geschickt zu verknüpfen, ihr eigener Schreibstil fesselt den Leser, mit jeder Seite nimmt der Roman neue Wendungen, die den Leser teilweise den Atem anhalten lassen. Verschiedene Situationen werden so intensiv geschildert, dass der empathische Leser doch zu Tränen gerührt wird. Eine posttraumatische Belastungssituation ist hier nachvollziehbar geschildert, es ist so bildlich, man steht selbst an dem von der Autorin beschriebenen Ort, so wie die Romanfigur Lea kann sich nicht mehr bewegen, das Horrorszenario der Tage vom 16. und 17. Juni 1942, ist greifbar.

Das Buch ist sehr gut recherchiert, dass Schweigen der älteren Generation, teilweise noch Kinder damals ist verständlich geschildert. Der Roman ist absolut empfehlenswert. Selten hat mich ein Lesestoff so tief emotional berührt.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 14.10.2019
Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 464 Seiten
ISBN: 9783453360464

Autor/in: Bettina Storks, geboren 1960 in Waiblingen, ist eine deutsche Schrifststellerin. Sie studierte in Freiburg und Tübingen und promovierte in Literatur-geschichte. 

   

2016 gab sie dann ihr offizielles Debüt mit ihrem Roman „Das Haus am Himmelsrand“. Ihr literarisches Schaffen ist geprägt von der signifikanten französischen Atmosphäre und dem Genre Familie.

Verlag: Diana / Random House