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NACHTTOD (Die Hanna Duncker-Serie, Band 1)

von Johanna Mo

Inhalt/ Klappentext: Hanna Duncker ist zurück auf Öland. Hier in ihrer Heimat kennt man sie nur als die Tochter von Lars Duncker, dem Mann, der vor sechzehn Jahren einen grausamen Mord beging. Inzwischen ist Hanna diejenige, die Verbrecher jagt. Ihr erster Fall auf Öland: Ein toter Teenager, mitten in der Nacht erstochen an einem beliebten Ausflugsziel. Und niemand kennt seine Mutter besser als Hanna. Die Ermittlungen werden für Hanna zu einer Abrechnung mit ihrer eigenen Jugend, und Nachforschungen im Fall ihres Vaters reißen alte Wunden auf. Nicht alle sind froh darüber, dass die Tochter von Lars Duncker zurückgekehrt ist.

Rezension: Die Jugendzeit der Autorin und die damit verbundenen, tief vergrabenen Eindrücke fließen sehr in diesen sphärischen und psychologischen Skandinavienkrimi mit ein. Den eigenen Dämonen und traumatischen Erlebnissen in der Jugendzeit muss sich auch die Hauptprotagonistin Hanna Duncker stellen. Sie hat nur noch einen Bruder, der sie schlichtweg für verrückt erklärt in den Ort zurückzukehren, in dem ihr, laut ihrem Bruder, die Gesellschaft keine Chance geben wird. Denn sie werden sie vorverurteilen, für eine Tat, die sie nicht begangenen hat.

Auch das Team der Ermittler in dem kleinen Städtchen auf Öland steht der Kommissarin aus der Großstadt anfangs sehr skeptisch gegenüber. Einzig ihr direkter Vorgesetzter, der zweite Protagonist der Romantrilogie, Erik Lindgren, nimmt die spröde und schweigsame Hanna ohne Vorbehalte in sein Ermittlerteam auf. Und letztendlich kennt Hanna sich auf Öland aus, dort wo der Sohn ihrer ehemalig besten Freundin verschwunden ist.

Das Setting und das Buchcover verschmelzen zu einer skandinavisch, einsamen und melancholischen Landschaft. Ortschaften und einzelne Gehöfte im langen, dunklen Wintertagen auf der Nordhalbkugel, die gefühlt bei mindestens der Hälfte der Einwohner zu Depressionen führt. Das Leben des verschwundenen Teenagers wird genauso depressiv geschildert, Mobbing ist auch hier in Schweden an der Tagesordnung, immer wieder wird in Retroperspektiven der Schulalltag und der private Freundeskreis des Jungen beleuchtet. Durch die Schilderungen weiß man schon bald, was den jungen Menschen auf der Suche nach Orientierung bedrückt hat.

Die persönliche Nabelschau von Hanna Duncker lässt den Lesefluss so manches Mal sehr zäh werden. Die Recherchen um die Schuld ihres Vaters gehen ziemlich ins Leere, es wird bis zum Ende des Romans nicht mehr thematisiert. Sicherlich aber in den beiden Fortsetzungsromanen, Band 2 „Finsterhaus“ erscheint am 08. März 2022.

Ein wenig mehr Unterhaltung ergibt sich eher durch den Besuch der Schwiegereltern von Hauptkommissar Lindgren, denn seine resolute Ehefrau ist gebürtige Inderin. Sie hat große Sorge, dass ihre Eltern im eisigen Skandinavien erfrieren.

Fazit: Johanna Mo hat hier zwei zeit- und gesellschaftspolitische Themen aufgegriffen. Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, traue auch den nahen Mitmenschen um dich herum etwas Böses zu. Unterstütze Jugendliche und besonders deine eigenen Kindern unvoreingenommen auf der Suche nach ihrer Identität. Ein solider Skandinavienkrimi, der im ersten Teil der Trilogie ein wenig auf und ab im Spannungsbogen verläuft, allerdings ist auch der 2. Fall der Ermittler Hanna und Erik eine gut konstruierte, kriminalpsychologische Geschichte mit all den menschlichen Facetten und Schwächen der Protagonisten.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 05.07.2021
Genre: Psychothriller


Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 464 Seiten
ISBN: 978-3-453-42580-4

Autorin: Johanna Mo wuchs in Kalmar, im Süden Schwedens, auf und lebt mit ihrer Familie in Stockholm. Neben dem Schreiben arbeitet sie seit zwanzig Jahren als Redakteurin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. »Nachttod«, der Auftakt zur Reihe um die Polizistin Hanna Duncker, ist ihr großer internationaler Durchbruch und erscheint in siebzehn Ländern. Als Teenager musste Johanna Mo erleben, was es heißt, jemanden zu kennen, der zum Mörder wurde. Diese Erfahrung hat sie nie wieder losgelassen und zu der Geschichte von Hanna Duncker inspiriert.

   

Verlag: Heyne Verlag