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THE HIRSCH EFFEKT: „Kollaps“

Ich kann mich noch sehr gut erinnern wie ich am Jolly-Rogers-Festival in der Arena Wien mit offenem Mund neben meinen Bassisten, gestanden habe und nicht mehr wusste, was da vor mir auf der Bühne abging. Das Trio The Hirsch Effekt aus Hannover stand damals vor mir und lieferten eine musikalische Darbietung die sich gewaschen hatte. Als ich informiert wurde, dass die 2008 gegründete Truppe nach ihrer Holon-Trilogie ihr 5. Studioalbum veröffentlichen würden, war ich aufgeregt wie ein kleines Kind.

Am 08.05.20 werden Nils Wittrock (Vocals/Guitar), Ilja Lappin (E-Bass/Vocals) und Moritz Schmidt (Drums) „Kollaps“ veröffentlichen und ich durfte vorab schon einmal hineinhören. Um eines hier gleich klar zu stellen: Eine genauer Beschreibung der Songs dieser Band würde den Rahmen extremst sprengen, da es sich um sehr komplex durchdachte Kompositionen handelt, welche dazu noch mit diversesten Genres spielen, wenn auch die Metal-Grundlage recht klar scheint. Im ersten Track „Kris“ wird man mit deutschen Vocals und noch verhältnismäßig ruhigen Riffs begrüßt, was sich in „Noja“ dann recht schnell ändert. Die Vocals werden etwas heftiger, wenn auch gen Ende eine etwas verträumte Passage folgt, die sogar mit einem Rap verfeinert wird. „Deklaration“ startet mit einem Drumfill und Geplerr wie man es sich nur wünschen kann.

Irgendwie erinnern die ersten 30 Sekunden an Nu-Metal, wobei die Rhythmik derartig eskaliert, dass man nicht wirklich einen konkreten Genrebegriff nutzen kann. Es wirkt wie kontrolliertes Chaos mit einer ruhigen Dream-Theater-atigen Passage, was ja auch wieder viel heißen kann bei der Bandbreite von Dream Theater. Ihr merkt, es fällt mir etwas schwer zu beschreiben was ich da höre, da es mich wirklich überwältigt. „Allemende“ ist ein „Schmankerl“ für alle, die rhythmische Spielereien die einen nicht im 4/4tler Headbangen lassen, lieben. Hier muss man schon recht aktiv mitdenken damit man nicht wahrlos mit dem Kopf wackelt.

Domstol“ beginnt mit einem richtig entspannenden Gitarrenintro und erinnert mich partiell an Bands wie Plini oder Chon nur eben mit Gesang. Bevor ich mich nun in weiteren Beschreibungen verfange sollte nun eher einmal auf das Konzept des Albums übergeleitet werden. Textlich beschäftigen sich die Tracks mit gesellschaftskritischen Fragen. Es wird versucht, wie die Band meint, nachhaltige Werte für die taumelnde Welt zu verhandeln, was ich nur unterstützen kann. Die Form in der dies passiert finde ich schlicht genial und die musikalische Untermalung des möglichen systematischen Kollaps dieser Welt ist einfach faszinierend.

FAZIT: Damals war ich geflasht und enorm darüber entzückt mit den Herren beim Merchtisch etwas plaudern zu können. Heute sitze ich hier und denke mir, verdammt sie flashen mich noch immer wie früher. Das Konzept ist wahnsinnig interessant und die Musik unbeschreiblich fein. Ich bedanke mich inständig für so ein absolut geiles Album ! Keine Frage: 10 von 10 Punkten !!

 
Bewertung:

GENRE: Artcore

TRACKLIST:

1. Kris
2. Noja
3. Deklaration
4. Allmende
5. Domstol
6. Moment
7. Torka
8. Bilen
9. Kollaps
10. Agera

VÖ: 08.05.20
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: Long Branch Records
Vertrieb: SPV
Auf Tour im Norden: -

Rezensent: Gregor

--> Musikvideo: The Hirsch Effekt - Bilen