Kaya Yanar schaut auf Deutschland

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Bremen, 22.05.2016 - Da es an diesem Abend freie Platzwahl gab, wollen viele die besten Plätze direkt an der Bühne ergattern und so standen die ersten Fans des in Deutschland geborenen Ethno-Comedians Kaya Yanar schon früh vor der noch verschlossenen Halle 7. Dennoch war die Halle nicht ganz ausverkauft.

Mit seinem neuen Programm „Planet Deutschland“ tourt er jetzt durch die Bundesrepublik und Österreich. Seinen Durchbruch schaffte er mit der mehrfach ausgezeichneten Sat.1-Comedysendung „Was guckst du?!“ und erhielt bereits mehrere Comedy-Preise.

Nach einer kurzen Begrüßung als sein Zweitego Hakan erlaubte er den Zuschauern, ihn zu fotografieren. Nur keine Videos waren Copyright und auf Youtube hochladen schon gar nicht, das habe Erdogan verboten. Und wenn es brennt, sollten sich die Zuschauer auf den Boden legen, damit er und seine Crew schnell raus könnten.

Yanar lebt mit seiner Freundin seit etwa vier Jahren in der Nähe von Zürich. Er befürchtet, wenn er mal Kinder hat und diese in der Schweiz aufwachsen, dann versteht er sie nicht mehr, weil sie Switzerdütsch sprechen. So möchte er seiner Freundin das Land der Dichter und Denker schmackhaft machen.

Die unzähligen Vorurteile bezüglich Deutschland und dessen Einwohner will er seiner Schweizer Freundin nehmen, damit sie mit ihm nach Deutschland zieht. In der Schweiz spielt Yanar zur Zeit „Der Reiz der Schweiz“, ein eigenes Programm für die Schweizer, das nichts mit „Planet Deutschland“ zu tun hat.

Ein Pluspunkt in Deutschland: Hier kann man ohne Tempolimit Autofahren. Er bemerkte auch, dass das Fahren dadurch recht aggressiv ist. Er fuhr mal mit Chinesen als Beifahrer auf der deutschen Autobahn und es dies ausstiegen, konnten sie ihren ersten deutschen Satz: „Fahr doch du Penner!“

Die verschiedenen Dialekte in Deutschland sind an und für sich oft schon zum Schmunzeln, die aber, wenn Kaya Yanar sie präsentiert, anhaltende Lachsalven zur Folge haben. Er schilderte "typisch deutsche" Alltagssituationen und beschrieb sie mit umwerfender Mimik und mit Körpereinsatz., z.B. wie das Fluchen auf Kölsch funktioniert, wie sich Enyas "Smooth Operator" auf sächsisch anhört und wie man auf bayrisch schimpft.

Natürlich ging er auch auf das Miteinanders der Kulturen ein. Deutsche und andere Nationalitäten, die in der Bundesrepublik leben, nahm er aufs Korn. Wie immer kam der ewig gut gelaunte Yanar von einem Gag zum anderen. Er machte sich über Sport lustig („Beim Yoga ist Pupsen erlaubt und war der Pups nun ein Brüller oder Schleicher?“ und „Wer Golf spielt, steht mit einem Bein im Grab“) oder er amüsierte sich über Pegida und Co. Mulmig wurde ihm nur, als seiner Freundin Leipzig gefiel.

 

„Dort sind die Menschen bei seinem Programm nicht in der Halle sondern demonstrieren davor“ stellte Kaya fest.

Von seiner spontanen Seite zeigte Kaya Yanar sich, als er vorlas, was Zuschauer in der Pause bei Facebook zu seinem Auftritt geschrieben hatten. ER lernte selbst etwas über spezielle Bremer Worte. ADHS heißt Hippelmors, der Bremer Hauptdialekt ist nicht Bremer Platt sondern türkisch, in die größte Beleidigung in Bremen.

Yanar ist davon abgekommen, nur seine bekannten Charaktere wie Türken oder Inder wie Hakan und Ranjid gekonnt zu persiflieren. Diese waren nur Randfiguren in seinem neuen Programm. Lieber wendete er sich inzwischen ganz anderen Nationen zu: Russen, Polen, Pakistani oder Portugiesen. Die Anregungen dafür holt er sich direkt von seinem Publikum. Mit Multikulti à la Kaya Yanar wäre unsere Welt wahrscheinlich in einem besseren Zustand. Manchmal klang kurz ein wenig Ernsthaftigkeit bei Yanar durch, dann spülte der nächste Gag den Anflug von Nachdenklichkeit wieder weg.

Die Zuschauer lernten, das der Nikolaus aus der Türkei kommt und warum die Türken immer „die Hand am Sack“ haben. Yanar pickte sich aus dem Publikum zugerufene Migrationshintergründe heraus und triebt so seinen Schabernack mit Chinesen, Bosniern, Italiener, Kroaten, Russen, Rumänen oder Deutschen. Hier verschmolz der Saal wohltuend zum Vielvölkereuropa. Zu den Russen konnte er nicht viel sagen, er war noch nicht in Russland, nur da wo viele Russen waren- in Antanlya.

Er machte sich über die neuen Euroscheine lustig „Wir haben doch so viele tolle Bauwerke in Europa, wieso sind da nur Türen und Fenster drauf?“ Kaya Yanar freute sich, wenn seine Sprüche ankamen. Mundwinkel, die sich 2 Stunden lang von Ohr zu Ohr ausdehnten, sah er viel beim Bremer Publikum.

Aber ein Thema will Kaya Yanar so schnell aber nicht aufgreifen: die Flüchtlingsdebatte. Es ist in erster Linie ein großes politisches Problem, das uns noch eine Zeit lang begleiten wird. Das Problem kann man nicht mit ein paar Witzchen lösen. Nach einer Zugabe und tosendem Beifall war ein vergnüglicher Abend zu Ende.