Unabhängige Buchbesprechungen

Stunden des Aufbruchs – Berlin Saga (Band 1)

von Nina Konstantin

Inhalt/ Klappentext: Berlin 1951: Ein schillernder Nachtclub erwacht zu neuem Leben und zwischen Petticoats und Wirtschaftswunder kämpft eine junge Frau für ihren großen Traum vom Glück.

Der Krieg liegt Jahre zurück, der Wiederaufbau ist in vollem Gange, die Menschen in der geteilten Stadt sehnen sich nach Wohlstand, Vergessen und Sicherheit.
Die 19-jährige Kriegswaise Charlotte hingegen träumt von einem aufregenden Leben jenseits ihrer schlecht bezahlten Arbeit in der Großnäherei. Als sie sich in den Ruinen Berlins in einen amerikanischen GI verliebt, ändert sich ihr Schicksal auf unerwartete Weise: Major DeWindt – gutaussehend und um einiges älter als sie – vermittelt ihr eine Stelle im »Midnight«, dem traditionsreichsten Tanzlokal Berlins. Vera, die schillernde, skandalumwitterte Besitzerin, nimmt Charlotte unter ihre Fittiche, und gemeinsam verhelfen die beiden Frauen dem »Midnight« zu neuem Glanz. Doch bald schon legt sich ein Schatten über Charlottes Glück, denn Vera ist in dunkle Machenschaften verwickelt, die Charlottes Liebe zu DeWindt auf eine harte Probe stellen werden. Ein mitreißend geschriebenes Panorama der Wirtschaftswunderjahre und die Geschichte zweier ungleicher Freundinnen auf ihrem Weg zum Glück.

Rezension: Eine Zeitreise zurück in die frühen 50er Jahre in die Hauptstadt Berlin. Die Kriegsjahre haben die Stadt in ein Moloch verwandelt, viele Häuser und Gebäude sind noch nicht instand gesetzt. Menschen sind hier gestrandet auf der Suche nach Arbeit, einer warmen Unterkunft, der Suche nach vermissten Angehörigen. Aber auch eine immer noch wachsende Zahl an Vertriebenen und Entwurzelten strömen weiterhin in die ehemalige, schillernde Metropole. Und über all diesen Menschen wachen die Alliierten, im Westen die Amerikaner, im Osten die Russen. Auch sie nutzen die Bürger von Berlin für ihre politischen und militärischen Ränkespiele aus.

Eine junge Frau, Charlotte, kommt bei ihren Verwandten in Berlin unter. Sie wird bei Tante und Onkel aber nur geduldet, schließlich ist sie auch nur so ein Flüchtling. Charlotte arbeitet hart in einer Großnäherei, dabei hat sie ihre eigenen Ideen für modische Kreationen. Sie spart all ihren Lohn, bis auf die Geldabgaben bei ihrem Onkel, für eine eigene Nähmaschine. Zunehmend leidet sich unter der aggressiven Stimmung im Haushalt der Verwandten. Nach einem besonders übergriffigen Verhalten flieht sie aus der Wohnung, doch diesmal hat sie sich körperlich verteidigt. Sie ist auf der Flucht, traumatisiert und geschockt, in der ständigen Angst, ihren Gegner getötet zu haben.

In diesem Zustand trifft sie auf den amerikanischen Offizier Timothy deWindt. Er rettet sie nicht ganz uneigennützig, der arbeitet bei der Militärpolizei, er bildet Charlotte nach und nach zu einer Informantin aus. Er schleust Charlotte, die sich längst in den Amerikaner verliebt hat, in den berühmten Nachtklub „Midnight“ als Reinmachefrau ein. Die amerikanische Militärverwaltung hat schon lange die eigenständige und knallharte Besitzerin des gut etablierten Nachtklubs, Vera, auf dem Überwachungsradar. Denn Berlin ist unter den großen Banden der Glücksspieler, Schwarzmarkthändler und Großkriminellen schon längst aufgeteilt. Nur Vera widersetzt sich diesem Druck dank ihrer getreuen Mitarbeiter, allen voran eines ehemaligen Berliner Boxeridols mit typisch Berliner Schnauze, aber mit dem Herzen am rechten Fleck. Er nimmt die schüchterne Charlotte sofort unter seine Fittiche, sie lernt mit den Gästen und den Feinden des „Midnight“ gut umzugehen. Dies bleibt auch Vera nicht verborgen, zuerst misstraut sie Charlotte, doch immer mehr protegiert sich Charlotte, sie wird zu einer wichtigen Stütze der einsamen, teils melancholischen Vera.

Schließlich entdeckt Vera dann auch noch die Haute Couture Begabung Charlottes. Stoffe werden „organisiert“, Charlotte darf das“Midnight“ komplett neu dekorieren. Ihr kommen mehr und mehr Zweifel an Timothy deWindts unbestätigten Vorwürfen zu Veras kriminellen Machenschaften. Ein brutaler Angriff auf den Club und all seine Mitarbeiter schweißt die beiden Protagonistinnen noch mehr zusammen. Wird es ihnen gelingen den Club, nun ihrer beider Lebenswerk hinein die Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland?

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 19.07.2021
Genre: Nachkriegsroman, Familiensaga

Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 464 Seiten
ISBN: 978-3-734-10823-5

Autorin: Nina Konstantin verlor schon in frühen Jahren unrettbar ihr Herz an Berlin. Nachdem sie als Jugendliche Kurzgeschichten veröffentlichte, die ihren Blick auf die pulsierende Metropole schärften, schrieb sie in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche Drehbücher. Es entstanden Liebesfilme und Krimis für das deutsche Fernsehen. Doch die Faszination für Berlin und für die 50er-Jahre – für eine Zeit der Zuversicht und des Aufbruchs, eine Zeit voller Enge und Zwänge – ließen Nina Konstantin nicht los. Angeregt durch die Erzählungen ihrer Mutter, entschloss sie sich, ihrem geliebten Berlin eine ganz besondere Saga zu schenken.

Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag

Fazit: Eine Zeitreise in die 50er Jahre im Nachkriegsland Deutschland. Die Menschen schöpfen wieder Hoffnung, doch noch immer kämpfen viele Menschen um das tägliche Überleben. Die Autorin beschreibt, teilweise sehr detailliert die Lebensumstände und auch die Settings der Wohnungsverhältnisse und des Nachtlebens in Berlin sind ausführlich und authentisch. Allerdings hat der Roman auch seine Längen, das mindert aber nicht das Lesevergnügen, die Schilderungen von schwingenden Petticoats, die neue, moderne Tanzmusik der amerikanischen Militärbesatzung, die allgegenwärtigen Zigarettenschwaden (heutzutage undenkbar) und der Hunger nach einem unbeschwerten Leben für diese Generation, die ihre komplette Teenagerzeit an ein brutales und diktatorisches Regime verloren hat. Die Leserin findet sich im amerikanischen Sektor Berlins wieder, lässt sie sich ganz auf den Roman ein.

Wie die Saga um Charlotte und Vera weiterführt, wird Nina Konstantin im 2. Band der Berlin Saga, „Zeit für Wunder“ erzählen. Erscheinungsdatum bisher geplant am 15.08.2022.