Interview mit J.J. von Harakiri for the Sky

Von Gregor Eder

Im Rahmen der anstehenden Release des 5. Studioalbums namens „Mære“ von Harakiri for the Sky durfte ich mich mit dem Sänger J.J. auf einen kleinen Plausch via Skype zusammensetzen. 
Das Gespräch begann sehr entspannt und nach einer kurzen Lobrede auf das wirklich gelungene Album geschah etwas Interessantes. Der Interviewer wurde zum Interviewten, da J.J. fragte: „Was meinst du ? Ist es mit 80 Minuten nicht etwas langatmig ? Wir haben dahingehend schon etwas Feedback bekommen, dass die Länge schon etwas wild ist.
Mit leichtem Kopfschütteln antwortete ich: „Von langatmig kann hier keine Rede sein. Die Länge ist schon ziemlich heftig, aber die Songs sind derartig abwechslungsreich, dass man definitiv nicht sagen kann, dass es zu lang ist.“ 
J.J. meinte: „Wir haben das ja so gar nicht vorgehabt. Sowas passiert einfach wenn man viel Output hat. Es ist hald bei den großen Black-Metal Sachen so, dass da mit Aufbau und dem Rest schon ganz schön etwas zusammen kommt. Schlussendlich nehmen wir nicht einmal alles an wirklich niedergeschriebenem Material her.
Mit dem letzten Satz von J.J. musste ich darüber nachdenken wie lang ein Album von Harakiri for the Sky werden würde, wenn Sie wirklich alles verwerten würden. Da wir aber beim Thema langatmig waren schoss ich mit einem kleinen Joke dazwischen: „Also bei „I`m all about the dusk“ hab ich mir gedacht, dass der Track für Krimh sicherlich etwas ruhiger ist als das was er so standardmäßig spielt. Im Video sieht man so richtig schön wie er den Aufbau richtig zelebriert.“ J.J. meinte dazu: „Ja „I`m all about the dusk“ ist für mich gefühlt auch die langatmigste und ruhigste Nummer. Es hat jeder so seine Präferenzen. Meine Lieblingsnummern am Album sind eigentlich „I, Pallbearer“ und das Dritte „Us against december skies“, aber mittlerweile hab ich mich mit allen Nummern angefreundet. Sobald du deine eigene Scheiße darüberschreißt hast du auch eine persönliche Bindung zu dem Song. Am Anfang hast du schnell mal deine Favoriten, aber sobald du eine Bindung zu allen Songs hast wird es schwieriger Einzelne als Favorit zu bezeichnen.“

Da konnte ich aus eigener Erfahrung nur beipflichten. Nachdem ich mein Feedback gegeben hatte, wechselten J.J. und ich wieder zum Standard eines Interviews und ich fragte: „Wie habt ihr im Corona-Zeitalter das Album produziert?“ 
J.J. legte direkt los: „Wir waren eigentlich schon komplett fertig mit der Produktion bevor die Pandemie losging. 99% der Interviewer stellen diese Frage, weil es auch logisch ist durch die Verschiebung des Release anzunehmen, dass das Album während der Pandemie aufgenommen wurde, aber ich habe meine letzten Gesangsspuren im letzten Januarwochenende 2020 aufgenommen. Danach sind wir noch nach Russland und ins Baltikum geflogen und danach hat es zum Kriseln angefangen. Ende Februar hab ich mit meiner anderen Band Karg noch einen Release-Gig gehabt und dann war es eigentlich schon aus mit den Live-Gigs. Mit dem Mix haben wir dann etwas länger gebraucht, weil es für Neige von Alcest auch nicht unbedingt leicht war im Lockdown ein Studio in Paris zu finden. Und das Mixen dauert eben auch immer, du weißt es ja als Musiker. Da hat man da und dort was zum Aussetzten, dann muss man sich wieder treffen, was auch wieder dauert und nach dem 10. Probemix und dem 5. Testmaster kommt auch irgendwo der Release-Termin immer näher. Durch all diese Faktoren haben wir das Album in den Januar verschoben.“

Somit kann man sagen, dass Harakiri for the Sky nicht zu sehr in der Produktion, aber schlussendlich etwas beim Mixen durch Corona gestört wurden. Die Auswirkungen des Virus sitzen uns jedoch jeweils individuell wie ein Amboss auf der Brust und so meinte ich: „Corona sitzt uns ja sozusagen, passend zum Albumtitel, auf der Brust und paralysiert uns, oder?“ 

 

J.J. antwortete: „Ja, es passt natürlich auch auf die Gegebenheiten, aber an sich bezieht sich der Titel auf die Texte, weil es einfach schweres Zeug ist das mich beschäftigt. Ich werde immer gefragt ob die Texte autobiographisch sind und im Grunde sind sie es schon. Wenn es nicht autobiographisch war, dann ist es autobiographisch geworden. Komischerweise habe ich das Talent Texte zu schreiben die schlussendlich zur Self-Fulfilling-Prophecy werden. Deswegen stimmt eigentlich alles so wie es geschrieben ist. Natürlich minimal überspitzt, sonst würden wir ja keine Poesie machen, oder Romane schreiben. Aber 90% stimmen leider schon so. Es ist wie es ist. Bei uns ist es meistens so, dass wir einen Albumtitel haben und 2 Monate bevor das Album fertig ist wird er geändert. Das war eigentlich bisher immer so, außer beim letzten Mal. Bei „Maere“ haben wir vorerst auch zwei andere Titel gehabt aber sind schlussendlich dann Ende Juli, kurz bevor die Sache ins Presswerk gehen sollte, zur Ententscheidung gekommen. Ich finde den Name sehr schön und die Prägnanz des Titels ist mir auch sehr wichtig.“

Ich hakte ein und meinte: „Für dieses Fabelwesen Mære gibt es im österreichischen Dialekt je nach Region mehrere Bezeichnungen. Interessante Wahl, wenn man bedenkt, dass dieses Fabelwesen international bekannt ist, doch regional ganz eigen bezeichnet wird.

Vom Titel ging ich über zu den Texten und fragte: „Wie sieht eigentlich dein Mindset aus, wenn du dich an die Texte schmeißt?
J.J. schoss los: „Meistens kommen die ersten Ideen und Grundlagen unterwegs. Beim spazieren gehen, Auto fahren oder im Zug. Das sind meist simple Phrasen oder ein paar zusammenhängende Sätze. Früher hab ich mich am Abend hingesetzt und mich etwas aufgelockert und an den Texten geschrieben, aber bei diesem Album sind die Texte wie von selbst gekommen. Ich habe kein Problem damit wenn sich etwas einmal nicht reimt, was ja manche haben, und ich zerdenke so etwas einfach nicht mehr. Meistens kommen mir die Ideen unterwegs. Bei Karg hab ich beispielsweise alle Texte auf Reisen geschrieben und auch zu jedem Song meine bestimmte Erinnerung. Bei Harakiri ist es nicht genau so, aber wie gesagt kommen mir die meisten Ansätze unterwegs. Speziell beim Zugfahren und beim Wandern.“ 

Mit einem breiten Grinsen meinte ich, dass ich ebenso die besten Ideen unterwegs bekomme und man eben oft einfach die Dynamik anstatt der Ruhe zum Schreiben braucht. 
Abschließend plauderten J.J. und ich noch etwas darüber, wie fraglich die Zukunft von Live-Konzerten ist und schlussendlich kamen wir zu dem Punkt, an dem wir beide unsere Hoffnung bald wieder auf der Bühne stehen zu dürfen kundtaten. 

Mit diesem „Bekenntnis“ wünschten wir uns gegenseitig noch einen schönen Abend und so ging ein wirklich entspanntes Interview zu Ende. Somit möchte ich mich nochmals bei J.J. für seine Zeit bedanken und Euch da draußen Harakiri for the Sky`s „Maere“ (unsere --> Rezension) wärmstens ans Herz legen!